Dipl.-Psych. Heinrich Breuer



Supervision: Einzel und Gruppe | Selbsterfahrung: Einzel und Gruppe

Fragen an unseren SE-Leiter – und seine Antwort:

Heinrich Breuer, Jahrgang 1946, verheiratet, drei Kinder, psychologischer Psychotherapeut.

Ich habe nach zwei Jahren Wehrdienst von 1968 bis 1974 in Bonn bei Thomae und Däumling Psychologie studiert. Danach arbeitete ich bis 1983 bei der Drogenhilfe in Köln und entwickelte die kleine Beratungsstelle, die ich vorfand, zu einem Verbundsystem von Beratung, ambulanter und stationärer Therapie, an das eine Werkstatt und ein Wohngruppensystem angeschlossen waren. Parallel hatte ich von Beginn der Berufstätigkeit an eine kleine Privatpraxis für Psychotherapie, die 1983 zu einer normalen Kassenarztpraxis wurde. Mein Arbeitgeber, die Drogenhilfe, erwartete von mir, dass ich mich psychotherapeutisch fortbilde.
Grundzüge der Verhaltenstherapie erlernte ich schon während meines Studiums im Rahmen eines Forschungsprojektes mit Drogenkonsumenten. Die Verhaltenstherpie begleitete mich seitdem und schenkte mir durch ihre kontinuierliche Weiterentwicklung immer wieder neue Handlungs- und Reflektionsmöglichkeiten. Parallel zur Verhaltenstherapie erfolgte die Weiterbildung in Gesprächspsychotherapie und eine kleine tiefenpsychologisch orientierte Ausbildung.


Mitte der 70er Jahre interessierten mich vor allem gefühlsaktivierende Methoden. Ich nahm an Workshops in Gestalttherapie, Psychodrama, Themenzentrierter Interaktion, Transaktionaler Analyse etc. teil. Am meisten faszinierte mich die Primärtherapie, die ich dann in Deutschland und den USA umfassend erlernte und schwerpunktmäßig praktizierte. Ergänzt wurden diese Zugangsweisen durch Trainings in Methoden der Körpertherapie (Bioenergetik, Body Work) und durch Weiterbildungen in Gruppentherapie und der Leitung von Encounter Groups. Ich reiste viel in die Vereinigten Staaten, weil man dort direkt bei den Begründern und den Pionieren der neuen Therapiemethoden aus dem Bereich der humanistischen Psychotherapie lernen konnte.

In der Familientherapieausbildung, die ich 1978 und 1979 in Kalifornien und Colorado absolvierte, kam ich mit Milton H. Erickson in Kontakt. Die Konzepte der Hypnotherapie überzeugten mich unmittelbar. Ich besuchte Workshops in den USA und organisierte für namhafte amerikanische Trainer Trainings in Deutschland und Frankreich. Aus diesen Aktivitäten entstand das Milton H. Erickson Institut Köln, das in den 80er Jahren die Anerkennung von der Erickson Foundation in Phoenix erhielt und dessen Vorsitzender ich lange Zeit war. Seit 1980 arbeite ich zusätzliche mit Familienaufstellungen, von 2004 bis 2008 war ich Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Systemaufstellungen und des internationalen Verbandes der Vertreter der Aufstellungsarbeit. In den 80er und 90er Jahren gab ich Trainings in vielen Unternehmen und arbeitete auch in diesem Kontext als Supervisor und Coach.

Ich bin einer der Gründer und der beiden Gesellschafter der AVT und Dozent und Supervisor, bin Mitglied im Ausschuss der Selbsterfahrungsleiter und im Qualitätsausschuss.

Selbsterfahrungsgruppen leite ich seit Ende der 70er Jahre, in der AVT seit 1992. Abgesehen von der Drogenhilfe habe ich solche Gruppen für verschiedene kirchliche und private Träger in verschiedenen Weiterbildungsbereichen durchgeführt. Die Gruppentherapie und Gruppenarbeit begleitet mich seit Beginn meiner therapeutischen Arbeit.

Ich habe, glaube ich, eine gute Fähigkeit, Menschen rasch zu erfassen, mich auf sie einzustellen und die Kernpunkte ihrer Probleme zu erfassen. Dabei befolge ich nicht in jedem Fall die Regel "Empathie geht vor", sondern mag auch paradoxe und provokative Strategien und experimentiere gern mit Umdeutungen. Und ich habe eine gute Fähigkeit, junge Kolleginnen und Kollegen zu ermutigen, ihren eigenen Stil zu finden und zu sich zu stehen. Meiner Meinung nach ist dies neben der Unterstützung bei der Weiterentwicklung der eigenen Persönlichkeit eine der wichtigsten Aufgaben der Selbsterfahrung.

Die Auseinandersetzung mit der eigenen Biografie und der Familiengeschichte sind für mich unverzichtbarer Bestandteil der Selbsterfahrungsarbeit. Als Familienaufsteller der ersten Stunde setze ich in diesem Kontext natürlich diese Methode ein, mit der Hintergrundbewegungen und verborgene Loyalitäten besonders gut deutlich gemacht werden können. Daneben ist die Selbsterfahrung als Therapeut und die Auseinandersetzung mit der Therapeutenrolle einschließlich der Psychohygiene von Psychotherapeuten unbedingt erforderlich.

Ich mag Gruppen, beobachte mit viel Interesse, wie sie sich zu einem eigenständigen und unverwechselbaren Organismus entwickeln, und wie sich die Dynamik in den Gruppen entfaltet. Mir ist es wichtig, dass in der Gruppe jeder Teilnehmer seinen Platz hat und mit seinen Eigenarten geachtet und respektiert wird. Ich betrachte mich dabei als Teil der Gruppe, der aber immer wieder besondere Aufgaben hat. Zu diesen Aufgaben gehört durchaus, dass ich als Therapeutenmodell zur Verfügung stehe, meinen persönlichen Stil zeige und möglichst authentisch agiere. Sich miteinander zu verbinden, Übereinstimmungen zu finden, aber auch Unterschiede herauszuarbeiten ist mir wichtig. Grenzen zu setzen und Konflikte zu artikulieren ist ein wichtiges Lernfeld für die Gruppe.

Aber als Immigrant aus Westfalen habe ich einiges von den Kölnern lernen können. “Et es wie et es”- “jede Jeck es anders”, “fünfe gerade sein lassen” und andere Grundgesetze der rheinischen Lebensart gehen durchaus immer wieder in meine Arbeit ein. Und man darf auch durchaus herzlich lachen und Spaß haben bei einem sehr ernsten Anliegen, nämlich der Erkundung der eigenen Tiefen und Untiefen.

Ich habe in meinem Berufsleben immer wieder viel Kontakt zu älteren Kollegen gehabt, von denen ich viel lernen konnte und die mir ein Vorbild waren für die nächste Etappe meines Berufslebens. Von diesen Kollegen wurde mir aber auch zurückgemeldet, dass auch sie von mir profitierten, dass meine Fragen zu Präzisierungen zwangen, und dass das, was ich an Neuem lernte, sie dazu brachte, ihre Positionen zu erweitern. Bei den Teilnehmerinnen und Teilnehmern an den Selbsterfahrungsgruppen bin ich neugierig, was sie von mir nehmen wollen und können, und natürlich auch auf das, was sie mir bringen und wo sie mich bereichern. So wie es nur wenige Klienten gibt, von denen ich nicht auch etwas gelernt habe, gibt es kaum Weiterbildungskandidaten, von denen ich nicht profitiert habe.

Mir liegt es an einem Miteinander auf Augenhöhe. Ich erwarte allerdings grundsätzliche Akzeptanz und dass meine besondere Aufgabe respektiert wird. Unbehaglich fühle ich mich, wenn in den Gruppen eine unterschwellig aggressive und abwertende Atmosphäre herrscht und es uns – aus welchen Gründen auch immer – nur schwer gelingt, offen und wertschätzend miteinander umzugehen. Obwohl Selbsterfahrungsgruppen durchaus therapeutische Funktionen haben, sind sie keine Therapiegruppen, d. h. dysfunktionale Verhaltensweisen und Lösungen, die zur Veränderung ein großes Maß an individueller Zuwendung erfordern, haben in der Selbsterfahrungsgruppe keinen Platz.

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