Muthmann, Marion
Vorbildung für meine Tätigkeit
Ich bin seit vielen Jahren als Verhaltenstherapeutin in eigener Praxis in Köln tätig. Vorwiegend arbeite ich mit Einzelpersonen und beziehe dabei -wenn das passend erscheint- auch relevante Bezugspersonen mit ein. In der Praxis leite ich zwei interaktionelle Gruppen und finde dabei das Konzept von I. Yalom sehr hilfreich, die problematischen Beziehungsmuster aus dem Dort und Damals im Hier und Jetzt der Gruppe zu identifizieren und aufzugreifen. Darum bemühe ich mich auch in meinen Selbsterfahrungsgruppen.
Mit Gruppen arbeite ich seit vielen Jahren in Lehre und Praxis. An der Fachhochschule Niederrhein leite ich seit langem Supervisionsgruppen zur Beratungspraxis und fünftägige Selbsterfahrungskurse der Studierenden. Für den LVR bin ich als Selbsterfahrungsleiterin tätig und führe für die angehenden Fachärzte aus KJP und der Erwachsenenpsychiatrie fünf Mal im Jahr je zweitägige Module zur Selbsterfahrung im Gruppenkontext durch.
In meiner Ausbildung in gruppendynamisch orientierter Leitung verstärkte sich mein Respekt vor der Macht von Gruppen; insbesondere hier fand ich die Arbeit mit den auch über kreative Methoden gewonnenen „Daten“ sehr nützlich. In meiner interdisziplinären Supervisionsgruppe darf ich von den Hinweisen meiner tiefen- und körpertherapeutisch orientierten KollegInnen profitieren.
An der Verhaltenstherapie schätze ich, dass hier verschiedene Methoden schlüssig zusammengeführt werden können, aus denen TherapeutInnen dann schöpfen können. Davon möchte ich Ihnen gerne etwas in Selbsterfahrung vermitteln.
Unverzichtbare Selbsterfahrungselemente
Jeder bringt sehr persönliche Reaktionsmuster im Sinne einer persönlichen Strategie mit, um ihm/ihr wichtige Anliegen und Ziele (was vor allem die Befriedigung von Grundbedürfnissen angeht) zu verfolgen. Verinnerlichte, lerngeschichtlich verwurzelte Selbstverständlichkeiten beeinflussen maßgeblich die Beziehung zur eigenen Person und zur Mitwelt. Unsere Daseinsthemen und -techniken bringen wir auch in die Arbeit mit den PatientInnen ein.
Um diese Muster zu identifizieren und dann gegebenenfalls zu flexibilisieren brauchen wir die Gruppe und deren differenzierte Rückmeldungen. Biografiearbeit erkundet Muster und Verbindungen zwischen „Dort und Damals“ bzw. „Hier und Jetzt“.
Auch dysfunktionales Verhalten hat(te) produktive Aspekte, die es herauszuarbeiten gilt.
Die Teilnehmenden haben Gelegenheit, eigene hilfreiche und auch beeinträchtigende Überlebensregeln und Verhaltensgewohnheiten zu untersuchen und an diesen über den Verlauf der Selbsterfahrung hinweg zu arbeiten.
Es soll in verschiedenen Formaten (Plenum, Kleingruppen-, auch Einzelarbeiten) und mit verschiedenen Methoden (Einbindung kreativer Methoden, verhaltensdiagnostisches Interview und Kontexterkundung, körperbezogene Übungen in der Gruppe/dyadisch, Formulierung einer Überlebensregel/eines das Verhalten steuernden Glaubenssatzes, Erkundung der Erfahrungen mit den Grundbedürfnissen und Auswirkungen …) gearbeitet werden.
Die Gruppe reichert im Verlauf ihrer Zusammenarbeit ein wertvolles Kapital bestehend aus Wahrnehmungen (selbst, die anderen), Impulsen, Gefühlen, Phantasien, Kenntnissen, Eindrücken …an. Sich diese einander in Form von Feedbacks zur Verfügung zu stellen, erscheint mir als ein bedeutungsvolles Moment einer Selbsterfahrung im Kontext Gruppe. Hier hat -neben der Leitung- die Gruppe wesentlich Verantwortung für den Erfolg der Veranstaltung.
Eigene Motivation zur Durchführung von Selbsterfahrung
Ich bin seit über dreißig Jahren als Psychotherapeutin tätig und es macht mir Freude, an der Kompetenzentwicklung der nächsten TherapeutInnengeneration mitzuwirken. Durch Erfahrung angereicherte Wissensbestände zu erweitern, die Beobachtungs- und Ausdrucksfähigkeit auszudifferenzieren, ein Gespür für eigene Stärken und Schwächen und einen konstruktiven Umgang damit zu entwickeln sind wichtig, um als TherapeutInnen die oft strapaziöse Arbeit gerne, lange und gesund und mit Freude tun zu können: Selbsterfahrung ist da ein wichtiger Beitrag. Gruppe habe ich in eigener Erfahrung als wirkungsvoll erlebt und ich finde den reflektierten Umgang mit den hier subtil und offen wirkenden Kräften und Dynamiken immer wieder herausfordernd und bereichernd.
Schwierigkeiten
Es kann manchmal sein, dass das methodische Angebot etwas ungewöhnlich erscheint oder sich die Teilnehmenden ein Stück verunsichert fühlen. Hier finde ich es hilfreich, nicht Vor-Urteile zu treffen oder in Abwertung zu gehen, sondern sich erstmal einzulassen und dann auszuwerten, was die Erfahrung gebracht hat.
Wenn man dichter miteinander arbeitet, ist es recht wahrscheinlich, dass es zu konflikthaften Spannungen kommt; das kann auch die Leitung betreffen. Mir ist es dann wichtig, mit der Gruppe und den Einzelnen in Kontakt zu bleiben und die Dynamiken genauer zu untersuchen und nach Möglichkeiten der Verständigung und „Reparatur“ bzw. Heilung zu suchen: das ist ja auch ein wesentlicher Bestandteil unserer therapeutischen Arbeit.
Für den gemeinsamen Lernprozess ist ein achtsamer, respektvoller und auch humorvoller Umgang förderlich; es ist förderlich, wenn es Bereitschaft gibt, das eigene Zutun zu „Freud und Leid“ in der Selbsterfahrung zu reflektieren.